Case Study

Analyse und Entwicklung der Unternehmenskultur in einer Genossenschaftsbank

Der Zweck einer guten Unternehmenskultur ist nicht Mitarbeiterzufriedenheit!
Die Kultur sollte Bedingungen schaffen, die es allen Mitarbeitenden ermöglichen, konstruktiv an der Erreichung von Unternehmenszielen zu arbeiten.
Daraus entsteht Mitarbeiterzufriedenheit!

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Erfolgsfaktor Unternehmenskultur

Vorwort

Der Begriff Unternehmenskultur führt, je nachdem wen Sie fragen und wann Sie fragen, zu sehr unterschiedlichen Beschreibungen. Meist ist die Rede von einem „guten Arbeitsklima“ oder von „zufriedenen Mitarbeitern“. Und wenngleich der Kulturbegriff oft unscharf und emotional besetzt ist, hat zweifelsohne jede Organisation ihre einzigartige Kultur, geprägt durch ihre Geschichte, ihre Führungskräfte und Mitarbeitenden.

Dies wird insbesondere bei Fusionen deutlich (und oftmals problematisch), wenn aus zwei oder mehreren unterschiedlichen Kulturen eine gemeinsame neue Unternehmenskultur geschaffen werden soll. Dabei ist das Gefühl der Beteiligten, „dass die beiden Kulturen irgendwie anders sind“ oder „dass wir gar nicht so unterschiedliche sind“ keine valide Ausgangsbasis, auf der Kulturkonzepte entwickelt werden sollten.

Der Kulturbegriff

Bei der Entwicklung einer Kultur geht es primär nicht um die Zufriedenheit der Mitarbeitenden, da es schließlich auch nicht (Gründungs-)Zweck einer Organisation ist, ihre Mitarbeitenden zu beglücken. Damit wir uns nicht falsch verstehen, natürlich gewinnt jedes Unternehmen davon, wenn seine Mitarbeitenden zufrieden sind. Dies ist jedoch nicht das Ziel, sondern das Ergebnis einer guten Unternehmenskultur! Konzepte wie „Great Place to Work“ oder klassische Befragungen zur Mitarbeiterzufriedenheit tragen deshalb per se nicht zu einer messbaren Verbesserung der Kultur bei. Und die Ableitung konkreter Maßnahmen und Messung ihrer Wirksamkeit für die Organisation ist auch das Kernproblem dieser eher oberflächlichen Form der Befragungen. Das zweite und schwerer wiegende Problem ist jedoch, dass Zufriedenheit zum Selbstzweck wird und nicht zum Ergebnis einer erfüllten, sinnstiftenden Arbeit.

Das Unternehmen und die Ausgangslage

Diese Fallstudie beschreibt das Vorgehen und die Ergebnisse einer Kulturanalyse in einer deutsche Primärbank mit ca. 400 Mitarbeitenden und mehr als 3 Mrd. Euro Bilanzsumme.

Das Thema Unternehmenskultur hat in der Bank seit langem einen hohen Stellenwert. Dies spiegelt sich auch in der mehrmaligen Teilnahme des Hauses am Wettbewerb “Great Place to Work” wider. Umfangreiche interne Veränderungen und die Coronapandemie haben jedoch das Thema Kultur in den letzen beiden Jahren in den Hintergrund treten lassen.

Die anhaltend hohe Innovationsgeschwindigkeit des Unternehmens mit anspruchsvollen Kunden- und Organisationsprojekten, erfordert von den Mitarbeitenden ein hohes Maß an Flexibilität, Veränderungsbereitschaft und Gestaltungswillen. Um die dafür notwendigen kulturellen Rahmenbedingungen zu schaffen, setzten sich 2022 Geschäfts- und Personalleitung sowie die Unternehmensentwicklung der Bank mit Mensch & Wandel zusammen. Ziel war es, die bislang durchgeführte Befragung zur Mitarbeiterzufriedenheit durch eine Erhebung zum Organisationsverhalten und dessen Auswirkungen zu ersetzen. Mit dem Fokus auf  Verbesserung von Effizienz und Leistungsfähigkeit, basierend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der internationalen Normierungsdatenbank (seit 1984) von Human Synergistics.

Das Projekt wurde über einen Zeitraum von etwa neun Monaten begleitet. In der Regel erfolgt die Erhebungen der Soll- und Ist-Kultur mit anschließender Auswertung über einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten. Im vorliegenden Fall erfolgte aus betriebsbedingten Gründen eine mehrmonatige Pause zwischen den beiden Erhebungen.

Der Partner

Das nachfolgend beschriebene Kulturprojekt haben wir mit der Human Synergistics Interconnex GmhH durchgeführt, einem langjährigen Partner von Mensch & Wandel. Dafür gab es zwei Gründe:

  1. Human Synergistics hat sich auf die Entwicklung von wissenschaftlich belegten Transformationsstrategien und diagnostischen Instrumenten zur Verhaltensmessung spezialisiert.
  2. Human Synergistics verfügt über mehr als fünfzig Jahre Erfahrung in der Analyse von Unternehmenskulturen und eine Datenbasis von mehreren Tausend untersuchter Unternehmen.

Der Ansatz

Die Kulturentwicklung auf Basis des OCI (Organizational Culture Inventories®) in Kombination mit dem OEI (Organizational Effectiveness Inventory®) von Human Synergistics geht das Thema Unternehmenskultur von einer streng wissenschaftlichen Seite an.

Zuerst wird im Rahmen der Kulturanalyse vom Management die Soll-Kultur beschrieben. In einem zweiten Schritt erfolgt dann im Rahmen einer Mitarbeiterbefragung die Erhebung der Ist-Kultur. Danach werden Soll- und Ist-Kultur gegenübergestellt. Die anschließende Auswertung zeigt die Unterschiede zwischen Soll- und Ist-Kultur auf, den sogenannten „kulturellen Bruch“.

Diese Unterschiede werden durch 31 Merkmale transparent dargestellt, aus deren Ausprägung sich der künftige Veränderungs- und Handlungsbedarf klar ableiten lässt. Dabei geht es nicht um Wohlfühlfaktoren und Benefits für Mitarbeitende, sondern um gelebtes Verhalten sowie implizite und explizite Verhaltensnormen. Es geht um die Botschaften, die Mitarbeiter aus ihrem Arbeitsumfeld darüber erhalten, wie sie ihre Arbeit erledigen und zusammenarbeiten sollen. Unter Berücksichtigung der vorhandenen Strukturen, Systeme und Technologien, sowie der Kommunikationsprozesse und des erlebten Führungsverhaltens.

Die Messinstrumente

Das Organizational Cultural Inventory® (OCI) erhebt und bewertet auf Basis einer Mitarbeiterbefragungdie im Unternehmen gelebten Praktiken von Kommunikation, Kooperation und Führung, da diese das aktuelle Klima bestimmen und die vorhandene Kultur prägen. Dazu beantworten die Mitarbeitenden 120 Fragen zu den Aspekten Mitarbeitende, Teams, Bereiche und Gesamtorganisation. Die Erhebung erfolgt anonym und online.

Der Circumplex – Sichtbare Kultur

Das Kreisdiagramm zur Analyse der Unternehmenskultur

Das Kreisdiagramm (Circumplex) ist das zentrale Instrument zur Visualisierung der Erhebungsergebnisse. Neben einem klaren Verständnis für diese Ergebnisse, liefert es eine gemeinsame Sprache für die Beschreibung der Organisationskultur. Dabei bildet es die Unternehmenskultur in drei unterschiedlichen Stilen mit jeweils vier typischen Verhaltenserwartungen ab.

Die konstruktive Kultur (blau) betrachtet die mitarbeiterbezogenen und aufgabenbezogenen Facetten. »Leistung« meint die konsequente Verfolgung selbstgesteckter Ziele, »Selbstverwirklichung«, den Spaß an der Arbeit, »Menschlichkeit-Motivation« rückt die uneigennützige Unterstützung anderer in den Fokus der Betrachtung und »Kontaktfreudigkeit « strebt die Zufriedenheit im Team an.

Die passiv-defensive Kultur (grün) ist geprägt von »Zustimmung« und persönlicher Anpassung, »Konvention-Tradition« und dem (sturen) Verfolgen von Richtlinien, »Abhängigkeit « und der (unreflektierten) Umsetzung von Vorgaben des Vorgesetzten sowie »Ausweichverhalten« mit der (vollkommenen) Verweigerung einer Übernahme von Verantwortung.

Bei der aggressiv-defensiven Kultur (rot) steht die reine Fokussierung auf die Aufgabenorientierung im Mittelpunkt: Beim »Oppositionsverhalten« werden Kollegen bzw. Mitarbeitende und deren Entscheidungen (bis ins kleinste Detail) hinterfragt. »Macht« bedeutet (knall)hart aufzutreten, im »Wettbewerb« wird Überlegenheit ausgestrahlt und beim »Perfektionismus« werden keine Unzulänglichkeiten akzeptiert.

Wirkungsweise von Unternehmenskultur

In fünf Schritten zur Erfolgskultur

Ein systematischer Kulturentwicklungsprozess umfasst folgende Schritte:

  • Messung der Soll- und Ist-Kultur
  • Analyse der Ergebnisse und Handlungsempfehlungen
  • Umsetzung mit Veränderungskommunikation
  • Erfolgskontrolle
  • Kontinuierliche Weiterentwicklung auf allen Unternehmensebenen

Die beiden Instrumente OCI (Soll-/Ist-Kultur) und OEI (Ursachen und Klimafaktoren) sind keine Methoden zur Entwicklung der Unternehmenskultur, sondern reine Erhebungs- und Auswertungswerkzeuge. Die Ergebnisse des OEI dienen als  Ausgangspunkt für eine vertiefte Analyse möglicher Interventionspunkte und damit Schlüsselfaktoren für die Veränderungsstrategie.

1. Schritt: Beschreibung der Soll-Kultur

In einem eintägigen Workshop mit den Vorständen und dem erweitertem Führungskreis (19 Personen) werden die Grundlagen für ein gemeinsamen Kulturverständnis geschaffen. Workshopziele:

  • Die Teilnehmenden verstehen den wissenschaflichen Ansatz von Human Synergistics.
  • Sie stimmen sich mit Mensch & Wandel über das Projektvorgehen ab und klären ihre Rollen im Prozess.
  • Sie formulieren mittels einer Online-Erhebung auf Basis des OCI (Organizational Culture Inventories®) ihre persönliche Wunschkultur
  • Auf Basis der Auswertungsergebnisse beginnen die Teilnehmenden anschließend mit der Arbeit an einem gemeinsamen Kultur- und Führungsverständnis.
  • Die Kulturprofile auf Basis der Online-Erhebung zeigen im Kreismodell die gewünschte Veränderungsziele klar auf und werden zum Benchmark für künftige Entwicklungsmaßnahmen.
  • Alle Teilnehmenden unterzeichnen eine „Charta des Führungsverhaltens“.

Die Schritte im Kulturprojekt

  1. Beschreibung der Wunschkultur durch die erweiterte Geschäftsleitung. Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses von Kultur und Verhalten

  2. Erhebung der Ist-Kultur bei allen Mitarbeitenden, papierhaft oder als Online-Befragung

  3. Auswertung der Erhebungsergebnisse und Abgleich von Wunsch- und Ist-Kultur

  4. Analyse und Handlungsempfehlungen

  5. Definition mittelfristiger Entwicklungsziele zum Kulturwandel

Kreisdiagramm (Circumplex) der Wunschkultur des Vorstandes
Profil der Wunschkultur des Vorstandes
Kreisdiagramm (Circumplex) der Wunschkultur des Führungskreises
Profil der Wunschkultur des Führungskreises

Hypothese zu den unterschiedlichen Ausprägungen der Wunschkultur

Typisch für Marktfolgebereiche in Banken ist die sich gegenseitig verstärkende Kombination von Perfektionismus (10) und Konvention (4),die sich darin ausdrückt, Vorschriften und regulatorischen Anforderungen in teilweise unangemessener Perfektion umzusetzen. In Marktbereichen sind hingegen Zustimmung (3) und Wettbewerb (9) oftmals stark ausgeprägt. Das Ergebnis zeigt, dass es bereits auf den obersten Führungsebenen Unterschiede im Kulturverständnis gibt. Im weiteren Verlauf wird sich zeigen, dass diese Unterschiede mit jeder Hierarchiestufe zunehmen.

Neue Führungsgrundsätze: Null aus Neunundvierzig

Nach Erhebung der Soll-Kultur haben sich Führungskräfte aus ausserhalb des geplanten Vorgehens zu einem Workshop getroffen, um sich mit ihrer neuen “Charta des Führungskräfteverhaltens“ zu befassen. Ziel des Workshops war, die vorhandenen 49 schriftlichen Führungsgrundsätze auf 12 zu reduzieren. Am Ende des Workshops hat sich die Führungsebene dann jedoch grundsätzlich gegen verschriftliche Führungsgrundsätze entschieden.

Stattdessen wurde ein regelmäßiges Besprechungsformat im Stile kollegialer Beratung eingeführt. Sein Ziel ist, aktuelle Führungssituationen und -probleme zeitnah zu besprechen, und kontinuierlich Maßnahmen zur Umsetzung der Wunschkultur zu bearbeiten. Damit soll die Silobildung reduziert und ein konsistentes Führungsverhalten sichergestellt werden.

Kulturveränderung ist ein sensibler und langwieriger Prozess.
Für die Wahl des optimalen Vorgehens und der geeigneten Methoden ist es notwendig, durch eine systematische Analyse die kulturelle Ausgangslage in ihrer Tiefe zu verstehen.

2. Schritt: Erhebung der Ist-Kultur

Zur Erhebung der Ist-Kultur mit dem Organizational Culture Inventory (OCI)™ wurden 476 Einladungen versandt, 315 Mitarbeitende haben teilgenommen. Bei der online durchgeführten Befragung beantworteten die Mitarbeitenden 120 Fragen. Die Fragen in diesem Schritt bezogen sich darauf, welches persönliche Verhalten aus Sicht der Befragten zum Überleben oder Aufsteigen im Unternehmen hilfreich ist. Damit stellen sie den Gegenpol zu den Wunschkultur-Fragen dar, die das ideale Verhalten der Mitarbeitenden beschreiben. Die Antworten wurden von Human Synergistics ausgewertet und mit einer Referenzbasis von mehr als tausend internationalen Organisationen verglichen. Das Ergebnis ist ein objektives Bild zum Unternehmensklima und der Unternehmenskultur. Ergänzend wurden in Abstimmung mit dem Kunden individuelle Auswertungen Teilmengen wie Betriebszugehörigkeit, Geschlecht, Alter, Organisationseinheiten, Hierarchiestufen und Standorte definiert.

Primärer Kulturstil: Oppositionsverhalten (7)

  • Auf Fehler hinweisen
  • Sich in bestimmten Situationen zurückhalten
  • Distanziert und völlig objektiv bleiben

Sekundärer Kulturstil: Selbstverwirklichung (12)

  • Ideen weitergeben
  • Selbst einfache Aufgaben gut ausführen
  • offen und ehrlich sein
Kreisdiagramm (Circumplex) der Ist-Unternehmenskultur
Profil der Ist-Kultur über die gesamte Bank

Aggressiv/ defensive Stile (rot) in konstruktive Verhaltensstile (blau) zu entwickeln ist einfacher als bei passiv/ defensiven Stilen (grün), da deren immanente Dynamik „nur“ einer Lenkung bedarf. Passiv/ defensive Stile benötigen zusätzlich noch eines Antriebs aus der Komfortzone.

Ist-Kultur versus Soll-Kultur

Kreisdiagramm (Circumplex) der Ist-Unternehmenskultur

Ist-Kultur

Kreisdiagramm (Circumplex) der Wunschkultur des Führungskreises

Soll-Kultur

Wie aus dem Kreisdiagramm ersichtlich, besteht die größte Abweichung zwischen dem Ist- und Wunsch-Profil im Passiv/Defensiven Cluster, sowie beim konstruktiven Stil.

Primäre Abweichung: Ausweichverhalten (6)

  • sich unverbindlich geben
  • eher populäre als notwendige Entscheidungen treffen
  • Entscheidungen Vorgesetzten überlassen

Sekundäre Abweichung: Menschlichkeit-Motivation (1)

  • andere anspornen
  • andere loben
  • andere bei ihrer persönlichen Entwicklung unterstützen

3. Schritt: Auswertung

Mit Hilfe des OEI™ (Organizational Effectiveness Inventory) wurden zeitgleich mit der OCI-Befragung 31 Ursachen und 12 Klimafaktoren ermittelt. Die Ursachen gelten als die Haupt-einflussfaktoren für die Unternehmenskultur und prägen deren ungeschriebenen Gesetze. Die Unternehmenskultur wiederum bestimmt das Klima. Aus dem Vergleich dieser Ergebnisse, mit der Datenbasis von mehr als tausend repräsentativen Organisationen und zweihundert Spitzenunternehmen, ergeben konkrete Hinweise auf Ansatzpunkte für Interventionen.

Ein anschließender Workshop von Mensch & Wandel mit dem Projektteam der Bank diente zur Vertiefung der Ergebnisse und Einführung in die Arbeit mit dem Feedbackbericht. Dies beinhaltete die Analyse vier spezifischer Untergruppen die Aufstellung erster Hypothesen
die Vorbereitung der Vorstandspräsentation Ziel dieses Schrittes war es, in eine erste Ursachenanalyse der Ausprägungen einzusteigen, und die Wechselwirkungen zu verstehen, die zwischen den verschiedenen Teilursachen und Ursachenebenen bestehen. Das bis zu fünffache Nachfragen (5-Why-Methode) hilft dabei, bewußte und unbewußte Hypothesen, oder vermeindliches „Wissen“ der Organisation kritisch zu reflektieren und ggf. durch tiefergegehende Analysen zu verfizieren.

Erläuterung der untenstehenden Grafik:

Die individuellen Faktoren zeigen, ob die Kultur der Bank eher positive (lila) Auswirkungen wie Motivation und Zufriedenheit hat, oder eher negative (gelb) wie Stress und Rollenkonflikte auf die Mitarbeitenden hat.

Die Teamfaktoren (grün) messen, ob die Arbeitsorganisation (Mitarbeitende und Abteilungen) gut zusammengefasst und koordiniert ist. Dabei wurden folgende Faktoren ausgewertet: Zusammenarbeit im Team, Qualität der Teamleistung, Zusammenarbeit zwischen Bereichen.

Die Unternehmensfaktoren (hellblau) untersuchen in zwei Dimensionen das Verhältnis der Bank zur Außenwelt. Die beiden Kriterien zeigen, wie von den Mitarbeitenden die Qualität der Endprodukte bewertet wird und wie anpassungsfähig die Bank an Veränderungen von außen ist.

Werte über der 50-Prozent-Referenzmarke zeigen überdurchschnittliche Ergebnisse im  Vergleich zum Benchmark. Im Sinne eines ressourcenorientierten Vorgehens sollte der Fokus für Verbesserungen auf den Faktoren mit der geringsten Ausprägung liegen.

Ausprägung der Erfolgsfaktoren

Der Fokus liegt nicht auf der Eliminierung defizitärer Faktoren!
An erster Stelle stehen die gezielte Förderung und Entwicklung des vorhandenen konstruktiven Verhaltens. Dessen bewusste Stärkung und Ausbau nimmt vorhandenem defensiven Verhalten den Raum, der dann mit situativen und punktuellen Maßnahmen sukzessive weiter reduziert wird.

4. Schritt: Analyse und Handlungsempfehlungen

Der OCI©- und OEI-Feedbackbericht

Im Feedbackbericht werden die Ergebnisse aus den Instrumenten OCI (Kulturrad) und OEI (Ursachen und Klimafaktoren) zusammengeführt. OCI/ OEI sind keine Methoden zur Entwicklung der Unternehmenskultur selbst, sondern Analysewerkzeuge, die alle notwendigen Informationen für eine anschließende Kulturentwicklung liefern. Der Bericht variiert im Umfang, bedingt durch die Analysetiefe, Zusatzfragen und individuelle Auswertungen. Im vorliegenden Fall umfasste er 523 Seiten.

Das Ziel in diesem Prozessschritt war es, gemeinsam mit dem Projektteam, die Ursachen der Ausprägungen bzw. Abweichungen von den zugrundeliegenden Benchmarks zu erkennen und deren Wechselwirkungen zu verstehen. Die 5-Why Methode hilft, sich nicht zu schnell mit einfachen Hypothesen oder überlieferten Aussagen zufrieden zu geben, sondern die tieferliegenden Problemursachen zu identifizieren.

Wenn Stärken zu Schwächen werden

Ziele, Zielvorstellungen und Zielklarheit sind bei dieser Bank stark ausgeprägt. In Kombination mit anderen Ausprägungen (z.B. mangelnde Signifikanz und mangelndes Leitbildverständnis) kann dies aber darauf hindeuten, dass es im Bewusstsein der Mitarbeitenden nur ein geringes Verständnis für eine übergreifende Vision bzw. Strategie gibt. Dies hat wiederum Einfluss auf die langfristige Zufriedenheit und Identifikation. Das gleiche gilt auch, wenn die Ziele des eigenen Teams oder Bereichs zu sehr im Fokus stehen, und deren Erreichung durch interne Wettbewerbe und Boni zusätzlich gefördert wird. Auch dann verlieren Mitarbeitende schnell den Auftrag des Unternehmens, die übergeordneten Ziele und das Gesamtbild aus den Augen.

Drei grundlegende Fragestellungen zu den Ergebnissen

Wie sind Kultur und Organisation zu gestalten, damit die Mitarbeitenden den Wert und Sinn ihrer Arbeit versehen und sich nicht nur als „Rädchen im Getriebe“
empfinden?

Wie gehen wir damit um, dass die Wunschkultur des Managements mit der tatsächlichen Wahrnehmung
der Ist-Kultur durch die  Mitarbeitenden nicht übereinstimmt?

Was ist zu tun, wenn wir uns von unseren Mitarbeitern Ideen zu Verbesserungen und Innovationen wünschen, aber Führungskräfte haben, die weder Verantwortung abgeben noch Risiken eingehen?

Wenn die explizite Botschaften von Vorstand und Führungskräfte nicht mit dem implizit erlebten Führungsverhalten übereinstimmen, führt dies in machtbasierten Organisationen meist nicht zu einer kritischen Auseinandersetzung mit diesem Widerspruch. Stattdessen werden diese Themen von den Mitarbeitenden konfliktvermeidend dem Diskurs entzogen, was die Entwicklung einer passiv-defensiven Kultur fördert.

Handlungsempfehlungen

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass jede Organisation mit ausgeprägten passiv-defensiven Kulturmerkmalen (grün) zum Ziel haben sollte, diese systematisch zu reduzieren!

Grund dafür ist, dass sich in passiv-defensiven Verhaltensmustern häufig Einstellungen wie Dienst-nach-Vorschrift oder Innere-Kündigung wiederfinden. Diese Einstellungen sind in höchsten Maße dysfunktional und kontraproduktiv für die gesamte Organisation (siehe auch Gallup Engagement Index 2019).

Die Kulturanalyse zeigt Ausprägungen und Unterschiede auf. Ursachen für bestimmte Kulturmerkmale und Verhaltensmuster sollten deshalb bei einigen Ergebnissen durch anschließende Datenanalysen oder Tiefeninterviews erhoben werden. Nur dadurch kann sichergestellt werden, dass bei Verbesserungen die Kernursachen erkannt werden – auch wenn diese nicht in jedem Fall verändert werden können.

  • Grüne Bereiche. Im vorliegenden Fall bestand Verbesserungsbedarf in dezidierten Untergruppen (Abteilungen/ Standorten, Funktionsbereichen, …) mit stark ausgeprägten „grünen“ Anteilen.
  • Arbeitsgestaltung (Signifikanz, Aufgabenidentität und Autonomie). Es sollte eine Weiterentwicklung des Arbeitssystems (Stichwort: New Work) und seiner Arbeitsabläufe und -bedingungen erfolgen (Aufgabengestaltung, Handlungs-, Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume)
  • Führung. Im Bericht wird deutlich, dass sich einige Probleme nur durch Veränderung des Führungsverhaltens lösen lassen  (Arbeitsgestaltung, Motivation/ Zufriedenheit, Teamfaktoren/ Zusammenarbeit, etc.).
  • Zielsystem. Einbeziehung von „weichen“, bislang nicht erfassten Faktoren, der Zielerreichung (Engagement, Aufwand, Stress). Reflexion und Überarbeitung z.B. der Belohnungs- und Sanktionssysteme.
  • Kontaktfähigkeit. Förderung eines kooperativen statt wettbewerbsorientierten Arbeitsumfeldes. Ausweitung des Wir-Gefühls über das eigene Team hinaus, zu einem Wir-Denken der Gesamtorganisation.
  • Ausweichverhalten. Förderung und Ermutigung von Führungskräften und Mitarbeitenden zu mehr Entscheidungsfreude, Tatkraft und Risikobereitschaft.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass das Management mit (positiv) gefilterten Informationen versorgt wird. Ein Mangel an realistischen und relevanten Informationen  fördert jedoch Fehleinschätzungen und -entscheidungen. Deshalb müssen Formate gefunden werden, die einen direkteren Kontakt zu den Mitarbeitenden herstellen und ein anderes Verständnis der Zusammenarbeit zwischen Vorstand, Management und  Mitarbeitenden schaffen.

5. Schritt: Definition mittelfristiger Entwicklungsziele

Die Kultur des Unternehmens durch die Erhebungen kennen und verstehen zu lernen ist nur der erste Schritt. Alle Ergebnisse bleiben aber theoretisch und rein akademisch, sofern in der Folge nicht konkrete mittelfristige Konzepte zur Kultur- und Unternehmensentwicklung abgeleitet und umgesetzt werden. Zu den Folgeschritten gehören:

  • Aufsetzen eines Change Management-Konzeptes
  • Bei Fusionen: Wertschätzung der„alten“ Kulturen und Nutzung ihrer Stärken zum  Aufbau der neuen Unternehmenskultur
  • Laufende Reflexion und Verbesserung von Führungsverständnis und Führungsverhalten durch Trainings, Workshops und Coachings Umsetzung von New Work-Ansätzen
  • Verbesserung der Zusammenarbeit von Mitarbeitern und Entwicklung von Teams durch Seminare und Workshops u.a.
  • Abbau von Silos und Stärkung bereichsübergreifender Zusammenarbeit insbesondere an den Schnittstellen in Geschäftsprozessen
  • Optimierung von Organisationsstrukturen und Prozessen
  • Reflektion und Bearbeitung von Mission, Vision, Leitbild, Geschäftsmodell und Strategien.

Die Konzeption und Umsetzung dieser Folgeschritte kann auch durch Mensch & Wandel begleitet werden. Dabei gehört zu unseren Prinzipien, die Betroffenen und Beteiligten auf dem Weg zur Lösung so intensiv einzubinden, dass sie eigene Lern- und Transferleistung vollbringen müssen – und damit von unserer Beratung unabhängig werden. Getreu unserem Motto:

Wir kommen, um nicht mehr gebraucht zu werden.

Fazit und Ausblick

Erst durch wiederholte Messungen im Abstand von mehreren Jahren können Veränderungen und Entwicklungslinien sichtbar werden. Sie erlauben die Darstellung einer sich entwickelnden Unternehmenskultur, die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit in ein Gleichgewicht mit Stabilität und Kontinuität bringen muss.

Die eigentliche Arbeit beginnt jedoch erst nach der Unternehmensanalyse, frei nach Peter Drucker, „If you can measure it – you can manage it“. Deshalb sollten auf Grundlage dieser Ergebnisse noch weitere vertiefende Erhebungen erfolgen um anschließend eindeutige Veränderungsziele mit Entwicklungsmaßnahmen, Workshops, Trainings und Coachings zu beschreiben (siehe 5. Schritt).

Die Kulturanalyse hat viele Erwartungen in der Bank geweckt. Diesen gerecht zu werden liegt nun in der Verantwortung von Vorstand, Projektteam und allen Führungskräfte.

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