Liebe Leserinnen und Leser,
wie Sie aus unseren bisherigen Veröffentlichungen wissen, beschäftigen wir uns seit Jahren intensiv mit der Umsetzung der genossenschaftlichen Idee in VR-Banken. Wir haben uns heute entschieden, mit freundlicher Genehmigung von Volker Looman, seinen in der FAZ erschienenen Artikel abzudrucken, da er in diesem intensiv auf die Anlageberatung durch Genossenschaftsbanken eingeht.
Doch möchten wir uns nicht einfach seiner Kritik anzuschließen, ohne Ihnen, liebe Genossenschaftbanker, auch einen Nutzen für Ihre Mitglieder zu bieten. Sie finden deshalb am Ende dieses Beitrages ein einzigartiges Angebot von Herrn Looman für Ihre Mitglieder.
Volker Looman erfrischt seit vielen Jahren mit seinen Kolumnen und Kommentaren in der FAZ auch diejenigen, die sich nicht vorrangig mit Finanzfragen beschäftigen. Mit seinen pointierten und anregenden Überschriften lädt er seine Leser immer wieder ein, sich über den Erhalt des Ersparten Gedanken zu machen. In einfachen Beispielen kann sich nahezu wiederfinden. Seine spitzfindigen Kommentare handfesten Tipps zu den Vorgehensweisen von Banken und Finanzdienstleistern sind eine konkrete Hilfe für große und kleine Anleger.
Hände weg von teuren Dachfonds!
Es ist erfreulich, meine Damen, dass Sie so begeisterte Schnäppchenjägerinnen sind. Das entlastet den Geldbeutel. Genauso bin ich entzückt, meine Herren, dass Sie bei ALDI einkaufen. Das schont die Haushaltskasse. Was aber nützt alle Vernunft, wenn Sie Ihr gutes Geld beim Kauf von Dachfonds und Rentenversicherungen mit beiden Händen zum Fenster hinauswerfen? Sie sind die perfekte Geldvernichtung, und wenn Sie mir das nicht glauben, dann bitte ich Sie, sich den heutigen Fall in aller Ruhe zu Gemüte führen zu wollen. Anschließend gehen Sie – vielleicht mit etwas Baldrian an der Frau oder ein paar Herztropfen am Mann – an den Tresor und sehen nach, ob auch Sie solche Verträge im Depot haben. Einverstanden?
Eine 60 Jahre junge Dame hat die Erbschaft ihrer Eltern, ungefähr 450.000 Euro, ihrer Volksbank anvertraut. Das Institut hat das Geld in das R+V Investmentkonzept Duo Invest angelegt. Hinter dem kryptischen Namen verbergen sich ein Mischfonds der Union Investment Privatfonds GmbH aus Frankfurt und eine Rentenversicherung der R+V Versicherung AG zu Wiesbaden. Damit nutze die Anlegerin die Möglichkeiten, so schwärmen die Genossen aus dem Hessischen, welche aktive und chancenorientierte Strategien böten, und gleichzeitig würden alle Vorteile einer Rentenversicherung genutzt. Das klingt doch edel, hilfreich und gut – oder haben Sie dazu eine andere Meinung?
Ich habe mir die Mühe gemacht, die genossenschaftliche „Wundertüte“ aufzureißen, und ich komme aus dem Staunen nicht heraus, was ich darin entdeckt habe. Die Erbschaft der Dame wird in dem „nachhaltigen“ Mischfonds 3 (ISIN: LU2368865148) zu einem Drittel in Anleihen und zwei Dritteln in Aktien angelegt. Das ist völlig in Ordnung, doch ich frage mich, ob sich die Frau im Klaren darüber ist, dass der „offensive“ Mischfonds in Wahrheit ein „sauteurer“ Dachfonds ist. Er besteht aus zwei Etagen. In der Belle Etage logiert der Chef, und im Souterrain arbeitet das Personal. Der erste Verwalter ist eine faule Socke, wenn Sie mir dieses Urteil gestatten, weil der Mann das Geld der Erbin nicht selbst anlegt, sondern von „nachgeordneten“ Chargen verwalten lässt. Dafür genehmigen sich die Herrschaften jährliche Vergütungen von 2,25 Prozent, und das ist ein Pfund, das Sie im wahrsten Sinne des Wortes auf die Goldwaage legen sollten.
Die Arglosigkeit der Anleger und die Gier der Verwalter
Darf ich Sie bitten, zur Illustration des Gewichts zum Taschenrechner zu greifen und zu tippen: 450.000 Euro mal 2,25 Prozent geteilt durch 100 sind 10.125 Euro pro Jahr. Hinzu kommen die Kosten des Versicherungsmantels. Sie betragen 48 Basispunkte pro Jahr. Bitte rechnen Sie selbst: 450.000 Euro mal 48 geteilt durch 10.000 sind 2.160 Euro. Folglich liegen die Gesamtkosten bei 12.285 Euro pro Jahr. Was sagen Sie zu den jährlichen Gebühren von 2,73 Prozent? Sind Sie darüber empört oder gelassen? Oder pochen Sie auf Ihr gutes Recht, dazu nichts sagen zu müssen?
Ich habe mich in den letzten Jahren an viele Dinge gewöhnt, doch bei Dachfonds und Rentenversicherungen gehen mit mir die Pferde durch. Mal bin ich entsetzt über die Arglosigkeit der Anleger, teils bin ich sprachlos über die Gier der Verwalter. In meinen Augen ist es müßig, über die Gründe nachzudenken, wie es dazu kommen kann, weil die Ursachen trivial sind. Die Anleger haben Angst um ihr Geld und wenden sich voller Vertrauen an ihre Banken, und die Institute sorgen sich um ihre Existenz und nehmen Kunden aus wie Weihnachtsgänse. Ich weiß, dass das keine schönen Worte sind, doch ich will nicht müde werden, diese Missstände immer wieder anzuprangern, frei nach den Mottos: Bildung ist die beste Versicherung gegen Verluste, und steter Tropfen höhlt den Stein.
Im vorliegenden Fall geht es, wenn Sie die Petersilie zur Seite schieben, um die Anlage von 150.000 Euro in Anleihen und 300.000 Euro in Aktien. Was soll man dazu sagen? Wir wissen nicht, wie sich Anleihen und Aktien in Zukunft entwickeln werden. Falls sich Anleihen mit 2 Prozent pro Jahr rentieren, und wenn Aktien jährlich 6 Prozent abwerfen, dann wird diese „Prognose“ einen jährlichen Mischzins von 4,67 Prozent ergeben, wenn das „führungslose“ Depot zu einem Drittel aus Anleihen und zwei Dritteln aus Aktien besteht. Nun kommen aber die Verwalter ins Spiel. Sie verlangen 2,73 Prozent pro Jahr, so dass das „geführte“ Depot mindestens 7,40 Prozent pro Jahr abwerfen sollte. Das heißt in Zahlen, dass die Genossen aus Frankfurt und Wiesbaden den Kapitalmarkt jedes Jahr um 58 Prozent schlagen müssen!
Ich glaube an vieles, liebe Mitrechner, aber eben nicht an alles. In meinen Augen geht eher ein Kamel durch ein Nadelöhr als dass ein Genosse den Kapitalmarkt um 58 Prozent schlägt. Sollten Sie wider Erwarten die Hoffnung haben, dass es vielleicht doch möglich ist, zum Beispiel durch die Auswahl spezieller Titel, dann sehen Sie sich doch bitte einmal an, wie die Zielfonds aussehen. Es handelt sich in hohem Maße um Indexfonds. Weder der Chefverwalter noch seine Helfer haben den Mut, das Geld in „Exoten“ zu investieren, um auf diese Weise den Markt zu schlagen, sondern sie wollen einfach im großen Strom mitschwimmen. Dagegen ist nichts einzuwenden, liebe Anleger, doch in meinen Augen schlägt die Tatsache, für diese „Feigheit“ jährlich 2,73 Prozent abzugreifen, dem Fass den Boden aus.
Die Causa hat mich veranlasst, mich bei Google zu erkundigen, wie hoch die Zahl der Genossen ist, denen solche „Ungemach“ droht. Die Zahl hat mich umgehauen: 18.200.000. Ich wiederhole in Worten: Achtzehnmillionenzweihunderttausend Deutsche sind Teilhaber einer Bank. Da musste ich mir erst mal zwei Burgunder genehmigen. Können Sie sich vorstellen, dass es in Deutschland tatsächlich 18.200.000 Inhaber von Banken gibt, die sich von Funktionären und Sklaven ihrer Zunft nach allen Regeln der Kunst vorführen lassen? Ich kann Ihnen nur kurz und bündig sagen: Jawohl, das ist möglich, weil Gespräche über Geld ein Tabu sind.
Die Volksbanken und Raiffeisenbanken sind von Friedrich W. Raiffeisen und Franz H. Schulze-Delitzsch in der Mitte der 19. Jahrhunderts in bittersten Notzeiten gegründet worden. Die Motive der Gründer stehen in Paragraph 1 des Genossenschaftsgesetzes: Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren sozialer oder kultureller Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb. Wollen Sie sich, falls Sie einer dieser 18.200.000 Genossen sind, diese Motive mal in aller Ruhe auf der Zunge zergehen lassen – die Förderung der Wirtschaft der Mitglieder?
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bewundere den Förderauftrag der Genossenschaften. Die Gründer dieser Vereinigungen waren Leute, die sich mit ihrer Not nicht abgefunden, sondern in die Hände gespuckt haben. In Würdigung dieser Verdienste fällt es mir aber schwer, den Zustand der heutigen 772 Volkbanken und Raiffeisenbanken zu ertragen. Sie sind ein Haufen – ich bitte um Verständnis für die harte Formulierung – von 18.200.000 Inhabern, die mehrheitlich nicht wissen, was sie tun, und 136.650 Angestellten, die in erster Linie für ihr eigenes Wohl sorgen. Das ist, so finde ich, eine stramme Leistung!
Es mag an meinen Vorfahren aus Friesland liegen, dass ich Probleme mit Genossen habe, vor allem dann, wenn ich an die Farm der Tiere von George Orwell denke: All pigs are equal, but some are more equal than others! Daher frage ich Sie – Genosse 1.111.111 – nach dem Sinn von Ratenkrediten. Warum lassen Sie – Mitglied 3.333.333 – die finanzielle Unterversicherung junger Familien zu? An den Obergenossen mit der Mitgliedernummer 5.555.555 habe ich die Frage, warum Eigenheime mit Hilfe von Festdarlehen und Bausparverträgen finanziert werden können. Der verdiente Kader, laufende Nummer 7.777.777, kann bestimmt erklären, warum Genossen ihren Artgenossen teure Dachfonds andrehen dürfen. Der Held der Arbeit, man sehe mir meine sächsische Herkunft nach, wird dank Genossenschaftsschein 9.999.999 befähigt und erleuchtet sein, die finanzielle „Gestaltung des Ruhestandes im Wandel der Zeit“ zu schildern.
Genossen aller Banken, erhebt Euch!
Was will Ihnen der Autor mit diesen Zeilen sagen? Ich hoffe natürlich, dass Sie längst bemerkt haben, worum es geht, doch sollte das wider Erwarten nicht der Fall sein, dann ich rufe ich Ihnen in aller Deutlichkeit und mit deutschen Worten zu: Die Genossenschaft ist tot, es lebe die Genossenschaft! Es geht auch noch deutlicher. Genossen aller Banken, erhebt Euch! Seid keine Papiertiger, sondern Bankiers, hebt die Welt aus den Angeln, stellt das System auf den Kopf! Ich weiß natürlich, dass ich ein alter Spinner bin, doch ich wünsche mir zum Beispiel, dass Volksbanken und Raiffeisenbanken für die finanzielle Bildung ihrer Mitglieder sorgen.
Das mag ein frommer Wunsch sein, doch wenn ich mir den genossenschaftlichen Förderauftrag ansehe, dann muss die Frage nach dem „höheren“ Ziel erlaubt sein. Geht es um eine Bank, die Fremde ausnimmt, oder geht es um die Genossenschaft, die ihre Mitglieder fördert? Falls das zweite Ziel kein Lip-penbekenntnis ist, dann kann der Genossenschaftsverbund vier Fünftel seiner bunten Postillen in die blaue Tonne werfen, weil das Zeug lebensgefährlicher Müll für jeden Geldbeutel ist. Und wie sieht die Genossenschaft der Zukunft aus? Das ist die einfache und gute Bank. Ich stelle die Behauptung auf, dass 15 Produkte ausreichen, um 95 Prozent der Menschen glücklich zu machen, wenn es um Geld geht. Wem gelingt, was ALDI geschafft hat, dem gebühren Lob, Ehr und Dank. Es geht um die Versorgung von 18.200.000 Deutschen mit einfachen, guten und preisgünstigen Finanzprodukten, und dazu gehören weder Dachfonds noch Rentenversicherungen, die Volksbanken und Raiffeisenbanken ihren Mitgliedern zur Zeit anbieten.
Ein Angebot, das Sie nicht ausschlagen sollen
Wie Sie nach der Lektüre dieses Beitrags sicherlich festgestellt haben, ist Volker Looman bei all seiner Kritik, ein großer Freund der genossenschaftlichen Idee. Und da es ihm wie Ihnen, um die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft Ihrer Mitglieder geht, macht er Ihnen, liebe Bankvorstände, ein einzigartiges Angebot:
Er schreibt exklusiv für Ihre Mitglieder!