Kommentar zu einem Artikel in der Suttgarter Zeitung vom 04.03.2021 mit dem Titel: Genossenschaftsbanken unter Fusionsdruck
Die Zunahme von Fusionen wird von deren Betreibern gerne mit erhöhten regulatorischen Anforderungen und geringen Zinsmargen begründet. Beides ist richtig und doch noch kein Grund, von einem Fusionsdruck zu sprechen. Es gibt genügend kleinere Volks- und Raiffeisenbanken, die sich mit differenzierten Geschäftsmodellen aus manchem dem genossenschaftlichen Einerlei hervorheben. Einem Einerlei das sich wiederum aus zweierlei zusammensetzt: 1. Die meisten Genossenschaftsbanken differenzieren sich nicht voneinander und sind 2. auch von Sparkassen und anderen Primärbanken nur durch ihr orangeblau zu unterscheiden.
Von der genossenschaftlichen Idee, „der Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft der Mitglieder“ (§1 GenG) haben sich die meisten mittlerweile weit entfernt. Und Verschmelzungen, wie Fusionen euphemistisch auch gern bezeichnet werden, führen zu einer weiteren Entfremdung von der genossenschaftlichen Idee und damit den eigenen Mitgliedern. Dass es in den meisten Häusern aufgrund ihrer Größe anstelle von Mitgliederversammlungen nur noch Vertreterversammlungen gibt, ist bezeichnend dafür.
Bevor sie verschmelzen und dabei einen Teil ihrer Identität aufgeben, sollten sich die Banken zuerst wieder ihrer genossenschaftlichen DNS besinnen und kreativ nach Wegen suchen, ihre Mitglieder zu unterstützen. Dies ist nicht nur das primäre Ziel einer Genossenschaft, es ist auch der goldene Weg, sich von Sparkassen, Direktbanken und Fintechs zu differenzieren. Zumal gesellschaftliche Konzepte wie Nachhaltigkeit und Regionalität für kleinere, flexible Genossenschaften vor Ort sprechen.

Die Vorständin einer sehr erfolgreichen 60-Personen-Volksbank sagte mir kürzlich: „Eines der Kernprobleme von Genossenschaftsbanken ist das fehlende unternehmerische Denken“. Um als Genossenschaft erfolgreich zu sein, wird dieses jedoch ebenso benötigt wie der Mut, neue Wege zu gehen. Das Ziel all dieser Wege ist zumindest klar –  es ist die Nutzenstiftung für Mitglieder und Kunden.