Warum Corporate Social Responsibility nicht ausreicht, und Nachhaltigkeit kein Widerspruch zu Wachstum ist
Warum Corporate Social Responsibility nicht ausreicht, und Nachhaltigkeit kein Widerspruch zu Wachstum ist
„Auszug aus einer Diskussion in der XING-Gruppe „Business Development – die Zukunftscharta der Unternehmensentwicklung“. Den vorangehenden Dialog und weitere Beiträge zur Unternehmensentwicklung finden Sie in unserer XING-Gruppe. …
Moin Herr Lemkowski, zumindest lassen wir beide uns nicht von der Komplexität des Themas Nachhaltigkeit abschrecken. Ich habe Ihren letzten Beitrag mit Interesse gelesen und stimme Ihnen ebenso zu, wie ich Ihnen auch widerspreche. Aber vielleicht ist eine Synthese unserer beiden Standpunkte im hegelschen Sinne ja gar nicht so weit entfernt. Es steht für mich außer Frage, dass die Unternehmensziele bei einer Nachhaltigkeitsdiskussion an erster Stelle stehen müssen. Das Zurückgeben schließt aus meiner Sicht dann den Nachhaltigkeitskreislauf ab. Doch die Praxis sieht, wie wir wissen, leider anders aus und insbesondere CSR (Corporate Socisl Responsibility) muss für viele ressourcenschädigende Ziele als Feigenblatt herhalten.
Wachstum ist nicht das Problem, sondern die Lösung
Kontinuierliches Wachstum ist aus meiner Sicht nicht nur möglich, sondern unumgänglich, um die anstehenden ökologischen und gesellschaftlichen Probleme zu meistern. Denn Wachstum geht einher mit Entwicklung und Innovation. Und beide benötigen wir dringender denn je. Nur darf Wachstum nicht bedeuten, dass wir Märkte weiterhin mit Produkten überfluten, die niemand braucht, wie die vier Weißwaschmittel eines Herstellers oder Lebensmittel, die mehr oder minder direkt für die Tonne produziert werden, während anderswo Menschen hungern. Doch wenn der Maßstab für den Erfolg eines Unternehmens sich nicht nur in ökonomische Kennzahlen ausdrücken soll, sondern ebenso in ökologischen und sozialen, dann reicht es nicht aus, wenn sich das Bewusstsein dafür nur in wenigen Unternehmen entwickelt. Sie schreiben, „eine nachhaltige Geschäftsfeldentwicklung muss mitnichten den Gewinn eines Unternehmens erhöhen“. Ich denke sie muss es sehr wohl, denn nur Gewinne ermöglichen Unternehmen Investitionen und Entwicklungen, und damit das Überleben im Markt. Entscheidend ist vielmehr, womit diese Gewinne erzielt werden und ob ein Unternehmen mit seinen Produkten und Dienstleistungen einen Nutzen schafft, der Nachhaltigkeitsansprüchen genügt! Doch wenngleich wir alle Nachhaltigkeit gerne im Munde führen, so greifen unsere Hände doch noch viel zu oft zu Produkten, die dieses Label bei weitem nicht verdienen. Was nicht überraschen sollte, wurde uns doch von Kindesbeinen an durch Werbung und Marketing suggeriert, dass wir immer das Neueste und Beste verdienen, am besten noch zu Hammerpreisen. Doch langsam, vielleicht auch zu langsam, findet ein Bewusstseinswandel in den Köpfen der Verbraucher statt: Wir versuchen Plastiktüten zu vermeiden, wir kaufen Mineralwasser aus der Region und setzen auf fair gehandelte Lebensmittel.
Wertewandel als Geschäftsmodell
Und gerade in diesem Bewusstseinswandel liegt die Chance für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen, indem sie Geschäftsmodelle entwickeln, die diesem Wandel Rechnung tragen. Machen wir dabei aber nicht den Fehler, die Sensibilität unserer Kunden und die Macht des Internets zu unterschätzen, denn vorgeschobene statt vorgelebte Werte werden heute schneller denn je entlarvt. Ein nachhaltiges Geschäftsmodell funktioniert deshalb langfristig nur in einem Unternehmen, das auch in seiner Organisation und Führung hohe ethische Grundsätze an den Tag legt. Das ist übrigens auch der Grund, weshalb unser Verständnis von Unternehmensentwicklung neben der Marktsicht auch die Organisationssicht und Unternehmenskultur umfasst
Bank ist nicht gleich Bank
Nochmal zurück zum Anfang dieses Beitrags. Sie schreiben in Ihrem Kommentar, dass die Banken einen erheblich höheren Nachholbedarf beim Zurückgeben hätten als IT-Unternehmen und Sie diese nicht in einem Atemzug nennen würden. Ich habe seit vielen Jahren sowohl mit mittelständigen IT-Unternehmen als auch Banken zu tun. Und wenngleich das Banken-Bashing sehr in Mode ist, kann ich mich nach meinen eigenen Erfahrungen dem nicht anschließen. Bank ist ebenso wenig Bank, wie IT-Unternehmen IT-Unternehmen sind, soll heißen, dass es nicht hilfreich ist durch Verallgemeinerungen Gräben zu ziehen. Ich hoffe, dass die meisten kleineren IT-Unternehmen eine bessere Nachhaltigkeitsbilanz und höhere Wertmaßstäbe aufweisen als Google oder Amazon. Auf der anderen Seite ist der Wert mittelständischer regionaler Banken (Sparkassen, Volksbanken) für die ebenso mittelständige Wirtschaft und die Region nicht hoch genug einzuschätzen. Wir sollten nicht die moralischen Verfehlungen einiger Großbanken zum Maßstab für alle Finanzinstitute machen.
Herr Lemkowski, ich freue mich auf eine Fortsetzung dieses Themas mit Ihnen und vielleicht auch anderen Lesern, ob in unserer XING-Gruppe oder außerhalb. Für die XING-Gruppenmitglieder werden wir im nächsten Jahr jedenfalls Veranstaltungen mit zu aktuellen Themen der Unternehmensentwicklung anbieten (auch in Hamburg) und ich würde mich dabei auf ein Bierchen mit Ihnen freuen.“