Wenn Ziele nicht erreicht werden, die Motivation im Keller ist und die interne Kommunikation bereits autistische Züge angenommen hat, muss mal wieder eine Teamentwicklung her. Ich kenne Führungskräfte, die jedes Jahr externe Berater und Psychologen engagieren, um die systemimmanenten Probleme ihrer Organisation zu behandeln. Dazu werden dann Mitarbeiter auf Bäume gejagt, aufgestellt oder auf Pferde gesetzt. Nicht, dass all diese Maßnahmen sinnlos wären, doch nachhaltige Veränderungen werden dadurch in den seltensten Fällen erreicht. Es ist letztlich ein Spiel mit den Symptomen. Ein lukratives Spiel für Berater und Psychologen – auf Kosten der Mitarbeiter.

Es ist wichtig, an dieser Stelle eine Differenzierung vorzunehmen, da der Begriff Teamentwicklung schwammig ist und viel Raum für Auslegungen bietet. Die Teamentwicklung, von der ich hier rede, hat laut Wikipedia „unter anderem das Ziel, ein positives Arbeitsklima zu schaffen und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu gewährleisten“. Was heißt das denn konkret? Doch nichts Anderes, als eine Kapitulation der Führungskraft und der Organisation. Denn mit welchen Interventionen soll ein externer Berater mit seinem kurzen Besuch zu einem dauerhaften „positiven Arbeitsklima“ und einer „vertrauensvollen“ Zusammenarbeit beitragen können?

Das ist aber nur die eine Seite. Wenn ich erlebe, dass ein Chef für sein Team eine Teamentwicklung einkaufen will, kommen mir immer Bilder aus der Familientherapie in den Sinn. Bilder von Eltern, die mit der Erziehung ihres „problematischen“ Kindes überfordert sind und Unterstützung bei einem Therapeuten suchen. Oder die Fernsehsendungen mit Hundetrainern, die in Wirklichkeit nicht die Vierbeiner, sondern ihre meist total überforderten Herrchen und Frauchen trainieren. In allen Fällen sind die Beziehungspartner nicht auf Augenhöhe und der Mächtigere entscheidet darüber, ob es ein Problem gibt, und wer es lösen soll. Eigentlich ist es nicht überraschend, dass wir unsere von klein auf Gelernten Muster nicht vor der Firmentür ablegen. Doch haben wir, im Gegensatz zu Hunden und kleinen Kindern, die Chance unser Macht- und Ohnmachtsverhalten zu reflektieren und bewusst zu gestalten.

Das verheerendste daran ist jedoch, dass viele Berater und Psychologen dieses Spiel um Macht und Mündigkeit mitspielen. Indem sie Aufträge zur Teamentwicklung nur mit der Führungskraft des betroffenen Teamleiters klären und Ziele und Vorgehen ohne die Betroffenen festgelegt werden. Dabei wird das Problemverständnis des Auftraggebers stillschweigend und ungeprüft akzeptiert und die „Therapie“ allein auf Basis seiner Aussagen entwickelt.

Wer als Mitarbeiter und Teilnehmer einer solchen Veranstaltung nicht rebelliert und Widerstand leistet, hat sich bereits in seine infantile Rolle gefügt und seine Entmündigung akzeptiert. Und das schlimmste daran, aus Sicht seines Chefs gilt er als kooperatives und anpassungsfähiges Mitglied der Organisation. Als Bestätigung für das Funktionieren des Systems.

Lesen Sie in der Fortsetzung meines Artikels, wie Teamentwicklung wirksam und nachhaltig konzipiert werden kann, damit sie sich für die Organisation langfristig auszahlt.