Über Unternehmenswerte zu reden ist in. Doch bleibt es meist bei schönen Worten, die keine Konsequenzen für den Umgang mit Kunden, Kollegen und Mitarbeitern haben.

Es geht aber auch anders.

Banken geben jedes Jahr Millionenbeträge für die Beschreibung oder Neudefinition ihrer Unternehmenswerte aus. Neben den Honoraren für externe Berater (zu denen auch wir gehören) werden die Kosten für die vielen Arbeitsstunden der Führungskräfte und Mitarbeitenden gerne übersehen, die sich ihren Kopf über die Aussagen und Bedeutungen zerbrechen. Ganz zu schweigen von den Kosten für Marketing, und Imagefilme um die schönen Sätze an die Mitarbeiterin, den Mitarbeiter, die Kunden und Mitglieder zu kommunizieren. Letztlich ist es jedoch egal, wieviel Geld ein Unternehmen für die elaborierten Sätze ausgibt, die von den Wänden seiner Verwaltungsgebäude erhoben und mahnend auf die fleißigen Mitarbeiter blicken werden. Denn all diese schönen Formulierungen, die meist mit teurer externer Begleitung auf Papier gebracht werden, verpuffen im operativen Alltag. Was letztlich damit zu tun hat, dass Werte, ob als Schlagworte oder kunstvoll ausgearbeitete Sätze, grundsätzlich die Zustimmung des Lesers finden, aber im Alltag keine Chance gegen Umsatz-, Ertrags- und Effizienzziele haben.

Doch das Problem liegt nicht in der Bedeutung von Werten an sich, sondern an der fehlenden Übersetzung dieser in konkretes Verhalten gegenüber Kunden und Mitgliedern, gegenüber Kollegen und von Führungskräften.

Die meisten Genossenschaftsbanken sind seit vielen Jahren ein gutes Beispiel dafür, dass die auf ihren Webseiten prominent herausgestellten Genossenschaftlichen Werte nichts mit ihrem Verhalten gegenüber Markt und Mitarbeitern zu tun haben. So findet sich beispielsweise in der neuen und aufwändig initiierten Imagekampagne einer Volksbank kein einziger Bezug auf die genossenschaftlichen Werte. Statt Mitgliederförderung, die letztlich den Kern der genossenschaftlichen Idee darstellt, wird die Förderung der Region in den Vordergrund gestellt, die immer schon Domäne der Sparkassen war (da es für diese sonst keine Existenzberechtigung gäbe). Als ich im Zuge der Recherche zu diesem Beitrag die Webseite dieser Bank besuchte, konnte ich dann auch keinen Bezug von der Titelseite mit den schönen Imagevideos zur Seite „Mitgliedschaft“ feststellen. Ein schönes Beispiel dafür, wie weit Werte und Handeln oftmals voneinander entfernt sind.

Wie fühlen sich Werte an?

Im Erstgespräch mit einem Auftraggeber stelle ich immer die Frage: „Woran konkret werden Sie am Ende dieses Projektes erkennen, dass es erfolgreich war?“ Und mit Erkennen meine ich hören, sehen oder spüren. Nicht irgendein gefühlsmäßiges Geschwurbel oder irgendeine vage Hoffnung. Also: was klingt nachher anders als vorher, was sieht danach anders aus und was fühlt sich anders an? Insbesondere in Bezug auf die Entwicklung von Werten oder Leitbildern kann es darauf nur eine Antwort geben: Das Verhalten der Mitarbeitenden wird sich sichtbar und messbar verändert haben! Sei es in Gesprächen mit Kunden und Mitgliedern, im Umgang mit Kollegen oder im Führungsverhalten der Vorgesetzen.

Denn Verhalten ist der einzige Maßstab für Werte!

Verhalten ist sichtbar, beeinflussbar – und wirksam. Wissenschaftliche Studien zur Unternehmenskultur belegen seit langem, dass dominante Verhaltensmerkmale innerhalb von Organisation direkten Einfluss auf deren Erfolg oder Misserfolg haben. Mehr dazu …

Klare Spielregeln

Wenn Sie möchten, dass alle Mitarbeitenden in Ihrem Unternehmen nach den gleichen Regeln spielen, sind klare Werte sicherlich hilfreich. Sie dürfen aber nicht das Ziel eines Kulturentwicklungsprozesses sein, sondern höchstens ein Mittel, um daraus Verhaltensrichtlinien für unterschiedliche Situationen und Gruppen abzuleiten. Es ist wie beim Sport: Werte wie Teamgeist und Fairness schaffen ein Zusammengehörigkeitsgefühl, aber nach den Spielregeln wird entschieden, wer gewinnt.

Werte von oben oder von unten?

Für den Kulturentwicklungsprozess in einer Organisation bedeutet die Korrelation von Werten und Verhalten, dass Werte sowohl Top-Down als auch Bottom-Up entwickelt werden können. Die Top-Down-Formulierung der Werte aus Leitbild, Mission und Vision birgt die Schwierigkeit in sich, dass wir Abstraktes aus Abstraktem abzuleiten versuchen, um dann häufig auf halber Strecke stehen zu bleiben. Denn aus Werten gewünschtes und messbares Verhalten abzuleiten und durchzusetzen, ist mühsam und überschreitet oftmals die Komfortzone vieler Führungskräfte.

Ist jedoch der ernsthafte Wille vorhanden, das Organisationsverhalten zu verbessern, macht es Sinn, direkt am vorhandenen und gewünschten Verhalten anzusetzen und dann Bottom-Up vielleicht noch die dahinterliegenden Werte abzuleiten. Da Verhalten von Mitarbeitenden immer auch Unternehmenskultur und Werte widerspiegelt, sollte die systematische und valide Erhebung des Organisationsverhaltens der erste Schritt in jedem Kulturveränderungsprozess sein. Auch deshalb, weil sich Verhalten selbst innerhalb einer Organisationen erheblich unterscheidet, je nachdem in welchem Bereich Sie arbeiten. Ganz zu schweigen von den Kulturkonflikten, die noch viele Jahre nach einer Fusion in allen Bereichen eines Unternehmens zu erleben sind.

Wissenschaftlichkeit hat Vorrang

Um die Komplexität an Verhaltensmustern innerhalb einer Organisation zu erkennen, arbeiten wir mit einem Partner zusammen, der in mehr als fünfzig Jahren weltweit tausende wissenschaftlich fundierte Kulturanalysen durchgeführt hat. Gerade diese Wissenschaftlichkeit war für uns das wesentliche Entscheidungskriterium für Human Synergistics. Denn ohne eine vorgelagerte valide Kulturanalyse sind Konzepte und Empfehlungen von in- und externen Beratern immer subjektiv und abhängig von deren persönlichen Prägungen, Weltbildern und Glaubenssätzen.

Eine Kulturanalyse (gute Kultur wird hier definiert als „konstruktive Zusammenarbeit im Sinne der Unternehmensziele“) schafft hingegen eine objektive Datenbasis, auf der anschließend mit unterschiedlichen Verfahren und Partnern die gewünschten Haltungs- und Verhaltensänderungen in der Organisation umgesetzt werden können.

Hier finden Sie eine aktuelle Fallstudie zu dem Thema

Wofür das Ganze?

Dabei ist es notwendig, den Mitarbeitenden Perspektiven im Sinne von Mission, Vision und Zielen aufzuzeigen. Wobei letztere immer motivierend (hin-zu) statt vermeidend (weg-von) formuliert werden müssen. Kultur, Werte und Veränderungen sind somit nie Selbstzweck, sondern stets Mittel, um den Auftrag (Mission) des Unternehmens zu erfüllen um den Kunden (und Mitgliedern) die bestmögliche Zukunft zu bieten (Vision). Statt also viel Geld für ein aufwändiges Werte-Projekte zu bezahlten, dessen Rendite nicht messbar ist, sollte besser in eine Mission/ Vision mit klaren Zielen und Verhaltensregeln investiert werden. Der Gewinn daraus ist für das gesamte Unternehmen und seine Kunden unmittelbar spürbar.

Zusammenfassung

  • Werte klingen gut, wirken aber kaum
  • Verhaltensänderungen wirken anhaltend und sind greifbar und messbar
  • Die Übersetzung von Werten in alltägliches Verhalten ist kompliziert und aufwändig
  • Der Fokus auf Verhalten statt auf Werte macht Veränderungen messbar und schnell sichtbar
  • Eine Analyse der Unternehmens-/ Verhaltenskultur schafft Überblick über die unterschiedlichen Motive der Organisationsmitglieder und -gruppen
  • Deshalb sollte eine Kulturanalyse Grundlage jeder Organisationentwicklung sein
  • Da Veränderung eine Richtung benötigt, sind eine erstrebenswerte Mission und kundenfokussierte Vision notwendige Voraussetzungen