Wer behauptet eigentlich, dass erfolgreiche Transformationen nur in großen Konzernen mit gut gefülltem Budget und großen Personalressourcen erfolgreich umgesetzt werden können?
Beim ESB Management-Dialog an der European Business School in Reutlingen, hat Markus Bleher, Geschäftsführer der Heermann Maschinenbau GmbH (HEMA) erläutert, wie eine fundamentale Transformation auch in einem Unternehmen mit ca. 50 Mitarbeitern erfolgreich gestaltet werden kann. Die in Frickenhausen beheimatete HEMA GmbH ist ein schwäbisches Familienunternehmen und Hersteller von Schneidsystemen für Leichtbaukomponenten der Luftfahrtbranche und im Windenergiesektor. Herr Bleher hat die Transformation des Unternehmens so authentisch und begeistert beschrieben, dass ich mir wünsche, solche Berichte zukünftig häufiger auch vor größerem Fachpublikum zu hören.
Es gibt sie, die Geschäftsführer und Unternehmer, die in der Lage sind die Traditionen zu pflegen und gleichzeitig zukunftssichernde Ziele konsequent zu verfolgen. Die ihre Mitarbeiter an der Unternehmensentwicklung aktiv beteiligen, und dabei Entscheidung und Umsetzung zu einem großen Teil verantwortlich in deren Hände legen.
In dieser kurzen Schilderung will ich Ihnen die kritischen Erfolgsfaktoren beschreiben, die Markus Bleher als notwendig für eine erfolgreiche Transformation genannt hat:
- Vision und Ziel müssen definiert, bekannt und von allen akzeptiert sein
- Die Unternehmensleitung muss Mut zur konsequenten Umsetzung der Ziele haben
- Führungskräfte müssen auf die Fähigkeit ihrer Mitarbeiter vertrauen
Eine notwendige Bedingung zur Beteiligung der Mitarbeiter an unternehmerischen Entscheidungsprozessen ist die Orientierung auf ihre individuellen Stärken und Befähigungen. Die Möglichkeit ihre eigenen Ideen und Stärken einbringen zu können, fördert bei Mitarbeitern intrinsische Motivation und Identifikation. Und eine aktive und konstruktive Feedbackkultur trägt dazu bei den individuellen und organisatorischen Lernprozess zu befördern. Auf der Basis individueller Stärken zusammengestellte Teams sind nach der Erfahrung von Markus Bleher sogar in der Lage, eigenverantwortlich die passenden Kolleginnen und Kollegen zu finden, die mit ihren Fähigkeiten das Team zu ergänzen und stärken.
Der Nutzen
- Erfolg durch funktionale, am Kunden und dem Wertschöpfungsprozess ausgerichtete flexible Teams
- Beteiligung und Identifikation der Teammitglieder durch die Möglichkeit eigenverantwortlicher Entscheidungsfindung
- Schnelligkeit durch schlanke Abstimmungsprozesse und den Abbau hierarchischer Entscheidungsstrukturen
Dafür bedarf es klarer Regeln und transparenter Rahmenbedingungen, insbesondere in Entscheidungsprozessen. Auf der Ebene der Geschäftsführung bleibt es natürlich auch bei der personengebundenen Verantwortung, die sich aus Gesellschaftsvertrag und -recht ergibt. Es bedeutet aber auch, dass die Geschäftsführung aus ihrer verantwortlichen Rolle heraus Kontrolle abgibt und auf die Ebene der tatsächlichen Knowhow Träger überträgt.
Bedeutung der Kommunikation
Ein weiterer erfolgskritischer Faktor ist die Versorgung aller Mitarbeiter mit für den für sie relevanten Informationen. Damit kommt insbesondere der Kommunikation in solchen Organisationsformen eine besondere Bedeutung zu. Markus Bleher hat in seinem Unternehmen eine klare Haltung: „Jeder Mitarbeiter in unserem Unternehmen weiß alles. Es gibt keine Geheimnisse, egal ob es sich um strategische Informationen wie Geschäftszahlen, Ertragsaussichten und Ziele handelt, oder um technisch inhaltliche Informationen wie Neuentwicklungen. Es gibt in unserem Unternehmen nur eine Ausnahme: Die Gehälter werden auf Wunsch der Mitarbeiter nicht offengelegt.
Auch für den Austausch innerhalb der Teams und über die Teamgrenzen hinweg gibt es klare Regeln. Dadurch ist bei HEMA der Kommunikationsaufwand insgesamt sogar gesunken. „Wir haben längst nicht mehr so viel Abstimmungsbedarf und die angesetzten Meetings werden eher kürzer als länger“, so Markus Bleher.
Führungskräfte begleiten
Einer besonderen Aufmerksamkeit in der Transformation zur selbstverwaltenden Organisation bedürfen die bisherigen Führungskräfte. Denn die eine oder andere von ihnen wird den Sinn ihrer bisherigen Rolle hinterfragen, wenn künftig Entscheidungen von den Mitarbeiter selbst getroffen werden sollen. Frühzeitiges Change Management und Coaching thematisieren und bearbeiten vorhandene Ängste und setzen positive Energien für den Transformationsprozess frei.
Ich beglückwünsche die HEMA GmbH zu ihrem Mut, sich auf diese Transformationsreise begeben zu haben. Eine Reise, die ganz sicher noch nicht am Ende ist. Ein Unternehmen mit der bestehenden Mannschaft zu transformieren um auf diese Weise leistungsfähiger, ertragsstärker und ganz sicher zukunftsfähiger zu werden, verdient Respekt und Hochachtung.
