Mehrheitsentscheidungen werden, wenngleich demokratisch legitimiert, von den Unterlegenen trotzdem häufig nicht akzeptiert oder gar bekämpft.

Dies kann insbesondere dann zu einem Problem werden, wenn die unterlegene Minderheit mit der obsiegten Mehrheit weiterhin zusammenarbeiten oder -leben muss. Klassische Beispiele dafür sind Entscheidungssituationen in Workshops, bei Teamentwicklungen, Reorganisationen und in Projekten schlechthin.

Beim Systemischen Konsensieren wird aus verschiedenen Lösungsvarianten diejenige ausgewäht, die die den geringsten Widerstand in der Gruppe hervorruft.

Vorgehen:
1. Aufgabe/Problemstellung formulieren
2. Vorschläge/Lösungen sammeln (Brainstorming, 6-3-5, o.ä.)
3. Vorschläge mit Widerstandspunkten von 0-10 bewerten
4. Umgesetzt wird der Vorschlag mit der geringsten Anzahl von Widerstandspunkten.

Wie es funktioniert, sehen Sie auf diesem Video des Instituts für Systemisches Konsensieren in Graz/A:

Mit dem Systemischen Konsensieren wird das Konfliktpotenzial grundsätzlich reduziert, da sich die Teilnehmer bereits im Abstimmungsprozesses mit ihrer eigenen Kompromissbereitschaft auseinandersetzen müssen. Ebenso wird die Akzeptanz für das Abstimmungsergebniss gefördert, da es ja im eigentlichen Sinne keine Gewinner gibt. In Anlehnung an einen Kommentar auf Youtube, Konsens durch Kompromiss zu ersetzen, kann man etwas zynisch auch sagen: es gibt nur Verlierer. Aber gerade dies ist m.E. auch der Grund für die größerer Akzeptanz einer so gefundenen Lösung, denn es kommt kein Gefühl der Missgunst gegenüber den Gewinnern auf.

Vom Konzept her erscheint es mir logisch, dass am Ende der Vorschlag mit den wenigsten Widerstandspunkten gewählt wird. Offen bleibt für mich aber die Frage, wie man in Teams damit umgeht, wenn Teilnehmer der letzlich favorisierten Variante zuvor 10 Widerstandspunkte gegeben haben?
Aus meiner Sicht sollte dann nochmals eine Diskussion stattfinden, entweder mit dem Ergebniss, dass die 10 Punkte von den entsprechenden Teilnehmern relativiert werden, oder nochmals nach akzeptableren Lösungen gesucht wird. Vorstellbar wäre auch, dass 10 Punkte von vornherein als Ausschlusskriterium für eine Lösungsvariante gelten. Dass die 10-Punkte-Vergeber das Ergebnis einfach akzeptieren sollten, ist aus meinem persönlichen Wertesystem heraus nicht vertretbar. Das gilt aber nur, wie bereits gesagt, für den Einsatz des Systemischen Konsensierens in überschaubaren Gruppen und Teams und nicht bei öffentlichen Entscheidungen wie Volksabstimmungen.