Dies ist der zweite von insgesamt fünf Teilen, der an den kommenden Tagen in kurzweiliger, zugleich treffender Lektüre die fünf Prinzipien des unternehmerischen Denk- und Handlungsmusters Effectuation erklärt.

Teil 2 Prinzip der Mittelorientierung:

Erfahrene Unternehmer bevorzugen den Spatz in der Hand gegenüber der ach so ungewissen Taube auf dem Dach. So verzichten sie zunächst auf die Definition eines klaren Ziels und orientieren sich stattdessen an den real vorhandenen Mitteln. Mittel sind hierbei ganz bewusst als „klassische Ressourcen“ wie Geld und Arbeitsleistung, aber eben auch als vorhandene Fähigkeiten, unternehmensinternes Know-how, vorhanden Netzwerke und vieles Weitere mehr zu verstehen. Sinnvoll ist es daher, zunächst ein Mittelinventar – also eine Übersicht bestehender Mittel im Unternehmen – zu erstellen, um hierauf aufbauend Neues zu kreieren. Die Konzentration auf Bestehendes und dessen Verknüpfung führt so zu einem „unternehmerischen Segel“, das der unternehmerischen Mission geschickt in die Hände spielt. Hier geht es somit nicht um Reparatur, Improvisation oder gar Flickschusterei, wohl aber um die Nutzung von Vorhandenem im Sinne der unternehmerischen Mission.

Ein Fallbeispiel aus der unternehmerischen Praxis

Um sich im Unternehmenskontext auf die zur Verfügung stehenden Mittel konzentrieren zu können, sind mitunter sogar organisatorische Veränderung sehr hilfreich. So zeigt die Division New Business bei Giesecke & Devrient (G&D) wie man das in den Mitarbeitenden vorhandene technologische Wissen und das marktspezifische Know-how durch den Neuaufbau einer eigenen gleichberechtigten Division bündeln kann. Wird dies durch die gesamtunternehmerische Reputation ergänzt, entsteht ein interner Inkubator für Innovatives – basierend auf Vorhandenem und ohne unnötigen (und oftmals teuren) Zukauf von externem Wissen. Bei G&D bildet die unternehmensweite Mission, sichere Transaktionen sowie die Echtheit von Identitäten und Werten sicherzustellen, das Fundament allen unternehmerischen Handelns. Ohne das konkrete Zielprodukt vorzugeben, wohl aber die Richtung neue Geschäftsideen zu entwickeln und umzusetzen, kann hierauf aufbauend wahrlich Innovatives geschaffen werden. Insofern zeigt G&D wie es gelingen kann, die unternehmerische Mittelorientierung im Kontext eines etablierten Unternehmens zu verankern. „Mach etwas aus deinen Ressourcen!“ mögen sich die Mitarbeitenden von New Business täglich zurufen – wohlwissend, dass sie sich nicht im luftleeren Raum befinden. Schließlich werden die innovativen Gebäude auf dem hochreputierten Fundament von G&D errichtet.

Quellenangaben

Baierl, Ronny: Das unternehmerische Unternehmen.
In: SWISS ENGINEERING, Schweizerische Technische Zeitschrift (STZ), Nr. 9, S. 28-29.

Baierl, Ronny & Grichnik, Dietmar: Effectuation in etablierten Unternehmen – Die Handlungsprinzipien in der unternehmerischen Praxis.
In: Das unternehmerische Unternehmen. ISBN 978-3-658-02058-3. Berlin, 2013, S. 67-81.

Das Herausgeberband mit der kompletten Fallstudie kann beispielsweise hier beschafft werden: Das unternehmerische Unternehmen: Revitalisieren und Gestalten der Zukunft mit Effectuation – Navigieren und Kurshalten in stürmischen Zeiten.